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GUSTO Studie (Kurzfassung)

Gekürzter Artikel für Rheuma-Schweiz (9/2021)

Autoren: Peter Villiger, Lisa Christ

Orginalarbeit in Lancet Rheumatology im 7/2021 publiziert [ref 1]. doi.org/10.1016/S2665-9913(21)00152-1

Abstract

Die GUSTO (Giant Cell Arteritis treatment with Ultra-Short Glucocorticoids and TOcilizumab) Studie adressiert die Frage, ob Tocilizumab (TCZ) in Monotherapie eine Remission der Riesenzellarteriitis (RZA) induzieren kann [1]. In den beiden randomisierten, kontrollierten Studien (RCTs), welche schliesslich zur Zulassung den TCZ in der Indikation RZA führten, wurden Glucocorticoide (GC) während 24 Wochen ko-mediziert [2,3]. Also war bis dato unklar, ob die Remission eine Folge der GC- Begleitmedikation, der TCZ-Therapie oder der Kombination der beiden Substanzen war.

Um eine möglichst homogene Patientengruppe zu analysieren, entschieden wir uns nur neu- diagnostizierte Patient*innen einzuschliessen. Um das Risiko einer Erblindung zu minimieren beschlossen wir ferner, initial eine GC-Puls in Form von 500mg Methylprednisolon an drei aufeinanderfolgenden Tagen zu verabreichen (der Therapie bei imminenter oder frisch erfolgter Erblindung). Nach diesem GC-Puls erhielten die Betroffenen eine TCZ-Infusion und anschliessend TCZ s.c. wöchentlich bis Woche 52.

Resultate

Wir haben 18 Patient*innen in die Studie eingeschlossen, davon 12 Frauen, mit einem medianen Alter von 72 Jahren. 15/18 hatten kranielle Symptome, 13 eine positive Histologie. Im Gegensatz zur GIACTA Studie, in welcher bis zu 6 Wochen mit GC vortherapiert werden durfte, betrug die Vortherapie in der GUSTO im Median nur 1 Tag! 13/18 Patient*innen waren nach 24 Wochen in Remission; die durchschnittliche Zeit bis zur vollständigen Beschwerdefreiheit betrug 11.1 Wochen. Die Zeit bis zum Rückfall konnte nicht ermittelt werden, da es keinen Rückfall gab. Von den 18 Teilnehmer*innen waren drei non-Responder und zwei mussten die Studie wegen Nebenwirkungen abbrechen.

Analyse

Wir hatten postuliert, dass die Beschwerdefreiheit bereits innert 31 Tagen erreicht würde. Das war offensichtlich nicht der Fall. Die minutiöse Monitorisierung der Symptome ergab, dass es den Betroffenen zwar kontinuierlich besser ging, aber während den ersten Wochen oft noch intermittierende, residuelle Beschwerden beklagt wurden. Entscheidend für die Fortsetzung der Studie waren das Fehlen von Ischämiezeichen, die Abnahme der Intensität und Dauer der Schmerzen und das Ansprechen auf kurzwirksame Analgetika. Nur bei drei Patienten musste die Studie wegen persistierenden Beschwerden abgebrochen werden: Bei einer Patientin kam es 15 Tage nach der letzten GC-Infusion zu einer anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION), welche sich trotz sofortiger, nochmaliger Methylprednisolon Pulsbehandlung nicht erholte. Bei einem weiteren Patienten persistierten die kraniellen Symtpome, im dritten Fall die polymyalgischen Beschwerden.

Bemerkenswert ist das homogene Patientenkollektiv mit nur Neuerkrankungen und zu betonen ist die sehr kurzzeitiger GC-Vortherapie im Vergleich zu anderen Studiensettings. Beim GiACTA Trial war eine GC-Vortherapie über 6 Wochen erlaubt. Mit anderen Worten war die frühe Erkrankungsphase mit dem höchsten Risiko einer Erblindung gar nicht erfasst.

Auch die beiden Nebenwirkungen sind bemerkenswert. Die Leberwerterhöhung führte zu einem protokolldefinierten Studienabbruch. Im klinischen Alltag hätte man wohl durch Intervallverlängerung bzw. Dosisanpassung eine Fortsetzung der Therapie realisieren können. Die Diverticulitis perforata (erfolgreiche konservative Therapie mittels Antibiotika) hingegen soll eine Warnung sein. Der Fall illustriert, dass trotz systematischem Screening ein Risiko für Darmkomplikationen bleibt und man gut daran tut, regelmässig nach intestinalen Symptomen zu fragen und liberal eine Ultraschalluntersuchung oder CT-Untersuchung des Abdomens zu veranlassen.

Interpretation und Ausblick

Die GUSTO-Studie ist eine Proof-of-Concept Studie. Es ging darum, eine möglichst zuverlässige Antwort auf die Frage zu erarbeiten: Kann eine TCZ-Monotherapie im Anschluss an eine ultra-kurze GC-Therapie eine Remission einer RZA bewirken? Diese Frage kann mit den Daten von GUSTO bejaht werden. Die Studie erlaubt aber keine Beurteilung der Ischämie-Risiken bei Behandlungsbeginn. Sie lässt auch keine Aussage über die ideale Dosierung und Dauer einer initialen GC-Medikation zu. Mit anderen Worten war die Studie nicht konzipiert, um konkrete, neue Therapieempfehlungen zu formulieren. Für uns stellen die GUSTO-Daten eine solide Grundlage dar, die GC-Begleitmedikation deutlich rascher zu reduzieren und zeitlich zu kürzen. Es darf angenommen werden, dass in unkomplizierten Fällen eine Prednison-Begleitmedikation von initial 40mg/Tag über 6 Wochen exponentiell reduziert und ausgeschlichen werden könnte.

  1. Christ L, Seitz L, Scholz G, et al. Tocilizumab monotherapy after ultra-short glucocorticoid administration in giant cell arteritis: a single-arm, open-label, proof-of-concept study. Lancet Rheumatol 2021, Published Online, July 2, 2021. doi.org/10.1016/S2665-9913(21)00152-1
  2. Villiger PM, Adler S, Kuchen S, et al: Tocilizumab for induction and maintenance of remission in giant cell arteritis: a phase 2, randomised, double-blind, placebo-controlled trial. 2016 May 7;387(10031):1921-7. doi.org/10.1016/S0140-6736(16)00560
  3. Stone JH, Tuckwell K, Dimonaco S, et al. Trial of Tocilizumab in Giant-Cell Arteritis. N Engl J Med. 2017 Jul 27;377(4):317-328. doi.org/10.1056/NEJMoa1613849.

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